Scheiden tut weh – so heisst das landläufige Sprichwort. Eine Ehescheidung ist stets ein grosser Einschnitt in die Lebenssituation der Beteiligten. Es prasseln Lawinen von Emotionen auf die sich scheidenden Ehepartner und die Familienmitglieder ein – vermögensrechtlich kommt Einiges auf die Ehegatten zu. Unser Experte erklärt die wichtigsten Punkte rund um das Thema Scheidung mit Wohneigentum.
Der Grossteil der Ehescheidungen wird heute im Rahmen einer Konventionalscheidung vollzogen. D.h. die scheidungswilligen Ehegatten einigen sich im Rahmen einer gerichtlich zu billigenden Konvention über die Rechtsfolgen der Ehescheidung. Darunter fallen beim Vorhandensein von Kindern die Besuchsrechte – die Höhe und Dauer von Unterhaltszahlungen – die Aufteilung des Hausrats und Teilung der Pensionskassenguthaben.
Sind die Ehegatten Eigentümer einer Immobilie, so haben sie sich im Rahmen der Ehescheidung auch darüber zu einigen, was mit dieser Immobilie passiert. Das von der Familie bewohnte Einfamilienhaus oder die Eigentumswohnung wird meistens bereits während dem Ehescheidungsverfahren – sicher jedoch nach der Ehescheidung nur noch von einem Ehegatten bewohnt. Im Ehescheidungsverfahrens können sich die Ehegatten darauf einigen, dass die Ehefrau – oft zusammen mit den Kindern – im eigenen Haus wohnen bleibt. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens soll dann auch geregelt werden, wer diese Immobilie zu welchem Anrechnungswert zu Eigentum übernimmt. Oft finden die Ehegatten eine vertretbare Lösung. Allerdings redet die finanzierende Bank ein wichtiges Wort mit. Für die Bank ändert die Risikosituation bei der Gewährung einer Hypothek, da nach erfolgter Scheidung nur noch ein Schuldner haftet und nicht mehr zwei, wie dies vor der Ehescheidung der Fall war. Ich empfehle daher, dass in einer solchen Situation möglichst früh im Scheidungsverfahren das Gespräch mit der hypothezierenden Bank gesucht wird. Die Bank soll dann schriftlich bestätigen, dass die Finanzierung auch nach erfolgter Scheidung für den einen Ehegatten weiterbestehen wird. Für den Fall, dass die bankseitig verlangte finanzielle Tragbarkeit nicht mehr gegeben ist, können die Ehegatten durch die gegenseitige Gewährung von Darlehen oder Bürgschaften dafür besorgt sein, dass diese Tragbarkeit weiterbesteht. So kann verhindert werden, dass die Immobilie aus dem Grund der Ehescheidung veräussert werden muss.
Ist es im Rahmen der Ehescheidung zwischen den Ehepartnern strittig, wer die im gemeinsamen Eigentum stehende Immobilie übernehmen soll, so hat der Richter darüber zu entscheiden, wem die gemeinsame Immobilie per Scheidungsurteil zu welchem Anrechnungswert zugewiesen wird. Ist auch der Übernahme- beziehungsweise Anrechnungspreis strittig, empfehle ich, dass die Ehegatten gemeinsam einen Liegenschaftsschätzer damit beauftragen, eine aktuelle Verkehrswertschätzung der Immobilie erstellen zu lassen. So können die Kosten für die Verkehrswertschätzung hälftig geteilt und hälftig getragen werden.
Es spielt aus Sicht des Ehescheidungsrichters keine grosse Rolle, auf wen der beiden Ehegatten die Immobilie im Grundbuch eingetragen ist. Im Streitfall wird die Immobilie demjenigen Ehegatten zugewiesen, der das überwiegende Interesse am Verbleib in der Immobilie geltend machen kann. So ist es sehr wahrscheinlich, dass bei einer Familie mit noch kleinen Kindern die Liegenschaft der Ehefrau zugeteilt wird, mit dem Argument, dass die Kinder auch nach der Ehescheidung im ihnen vertrauten Heim verbleiben können.

Beitrag von Hansjürg Rhyner, Rechtsanwalt LL.M. und Notar; Fachanwalt SAV Erbrecht
Rhyner und Schmidt Rechtsanwälte,
Glarus und Rapperswil
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