Mitten im Zentrum von Glarus liegt die weitläufige Parkanlage der Villa Freienstein. Wo einst Fabrik-, Handels-, und Ratsherren wohnten, entstehen innerhalb der südlichen Lichtung aktuell vier aussergewöhnliche 6.5- bis 7.5-Zi-Stadthäuser. Ein besonderes Highlight findet sich in der weitläufigen Parkanlage, welche zukünftig gemeinschaftlich genutzt wird. Architekt Reto Fuchs beantwortet Fragen und erzählt uns etwas über die Entstehung des Projekts.
Wie ist Ihr Projekt entstanden?
Im Sommer 2018 wurde uns das historische Anwesen mit Park zum Kauf angeboten. Ich suchte gerade ein neues Heim für meine eigene Familie. Jeder Architekt träumt natürlich davon, irgendwann im Leben sein eigenes Haus zu entwerfen. Schon lange kannten wir diesen einmaligen Ort inmitten des Städtchens Glarus, hätten uns aber nie träumen lassen, hier selbst einmal wohnen zu dürfen.
Zu Beginn liebäugelten wir mit dem Kauf von einem der vier neuen Häuser im Park. Da die damaligen Besitzer den Verkauf aber sehr schnell abwickeln wollten, blieb uns zu wenig Zeit, um für die bestehende Herrenvilla einen Besitzer zu finden und damit die Grundfinanzierung für das Gesamtprojekt zu schaffen. Wir entschieden uns deshalb, selbst dieses altehrwürdige Haus zu übernehmen und mit dieser Basis in Ruhe die weitere Planung fortzuführen.
Was ist das Spezielle an diesem Ort?
Schon nach dem ersten Augenschein war uns die Einzigartigkeit dieses Juwels bewusst geworden. Die Geschichte des Hauptbaus lässt sich bis in das Jahr 1560 zurückverfolgen. Hier wohnten zahlreiche Fabrik-, Handels-, und Ratsherren, auch diente es zeitweise als Kurhaus. Die Villa Freienstein ist eines der einzigen Herrschaftshäuser, welches vom Brand von Glarus 1861 verschont blieb. Der dazugehörige Park, angelegt als kleiner, englischer Landschaftsgarten beherbergt verschiedene Mammutbäume, eine ehemalige – nun zum Atelier ausgebaute – Rossremise und sogar eine kleine Grotte.


Was sind die grössten Herausforderungen?
Orte wie diese verpflichten. Sie erfordern eine besonders tiefe Auseinandersetzung und einem angemessenen Umgang. Für mich war von Beginn an klar, dass dies weder der Ort für ein klassisches Investitionsprojekt ist- noch der letzte Quadratmeter ausgenutzt werden kann. Wir wollten auch möglichst viel Baumbestand behalten. Theoretisch hätte auf die freie Parzelle ein kompletter Stadtglarner Blockrand, also etwa 12 Reihenhäuser gepasst. Wir entschieden uns stattdessen, vier komfortable Einheiten zu planen und zum Schutz des Parkes auch die Gebäudehöhe nicht komplett auszunutzen. Die Herausforderung war also, mit diesem verkleinerten Setting das Projekt finanziell tragbar zu machen und gleichzeitig aussergewöhnliche hohe Bauqualität zu bieten.
Welche Philosophie steckt dahinter?
Schon immer träumte ich davon, in einer gewissen Gemeinschaft zu leben. Das klassische Einfamilienhaus mit schmalem Abstandsgrün und Hecke zum Nachbar war nie meine favorisierte Lebenssituation. Hier im Glarnerland sind gemeinschaftliche Modelle leider Mangelware. Im Park Freienstein sah ich die Chance für ein solches Projekt. Jeder Käufer ist Besitzer seines eigenen Hauses mit eigenem Eingang, Vorplatz und komfortabler, privater Dachterrasse. Er geniesst eine unglaubliche Privatsphäre mit dem Blick ins Grüne. Und dies mitten in der Stadt! Darüber hinaus verfügt er aber auch die Möglichkeit, einen ganzen Park mitzubenutzen, unter den Mammutbäumen seine Kinder spielen zu lassen, im Nutzgarten Gurken zu pflanzen, im berankten Pavillon zu lesen oder einfach mit den anderen Bewohnern ein Bier zu trinken. Eine Gemeinschaft finanziert sich so einen herrschaftlichen Park, welcher für jeden einzelnen nicht denkbar wäre.

Wen möchten Sie mit diesem Projekt ansprechen?
Natürlich braucht es Menschen, welche Nachbarschaft grundsätzlich als Bereicherung sehen. Menschen, welche die Ruhe inmitten von hohen Bäumen, wie auch das Leben der kleinen Stadt schätzen. Ich würde mich über eine möglichst bunt gemischte Nachbarschaft freuen, würde gerne unsere Kinder mit jenen anderer Bewohner durch den Park tollen sehen.

Was zeichnet das Projekt noch aus?
Über die aussergewöhnliche Lage haben wir nun genug gesprochen. Die Häuser selbst wurden wie gute Massschuhe für diesen spezifischen Ort entworfen. Im Erdgeschoss befindet sich neben Eingang und Garage noch mehrere Gartenzimmer, Waschküche und Abstellraum. Im 1. Obergeschoss befinden sich drei geräumige Zimmer, Bäder und Ankleidezimmer. Gekrönt wird das Ganze im obersten Geschoss mit Wohn-, Esszimmer, Küche und einer Dachterrasse, welche sich über die ganze Gebäudetiefe zieht und einen wunderbaren Blick in den alten Baumbestand des eigenen Parks bietet. Gegen aussen präsentieren sich die Neubauten in einer sägerohen Holzschalung, wobei der Sockel in sandgestrahltem Sichtbeton ausgeführt werden soll.
Wie ist der aktuelle Stand und wie sehen die nächsten Schritte aus?
Der Baustart wurde gemacht. Momentan richtet der Baumeister seine Installationen ein. In den kommenden Wochen beginnt der Rohbau, welcher dann bis Ende Sommer vollendet sein dürfte. In dieser Zeit empfange ich natürlich auch Kaufinteressenten und beantworte Fragen bei einem Spaziergang durch den Park.
Weitere Infos zum Projekt gibts hier.
Interview mit Reto Fuchs, Dipl. Architekt BSc. FH
Mitglied der Geschäftsleitung
Fuchsbau Architekten AG
Bahnhofstrasse 35
8752 Näfels